Meine lieben Leser,
dies ist keine Geschichte für Weicheier, die meinen, ein Verhältnis mit einer Person zu haben, zu der man eigentlich nicht mal Freundschaft schließen dürfte; sei nicht statthaft oder gar widerlich. Aber wie sagte selbst Oscar Wilde in seiner Komödie Ernst sein ist alles schon so schön: „Versuchungen sollte man widerstehen. Wer weiß; ob sie wiederkommen.“
Mein Name ist übrigens Dörte Pech. Ich habe eine Körperbehinderung und deswegen bin ich immer auf vier Rädern unterwegs. Aber das macht mir gar nichts aus. Trotz meiner Behinderung bin ich ein lebensfroher Mensch. Ich interessiere mich für Partys, Mode und Männer.
Meine erste große Liebe ist Alfons Hassrausch.
Ich kann euch alles ganz genau erzählen.
Seit August lebe ich in einem Wohnheim für behinderte Menschen.
Es ist hier sehr schön und vor allem kann ich tolle Aussichten genießen.
Vom Fenster aus sehe ich unseren Garten. Er ist groß und mit Rosen übersät.
Doch von so einer Aussicht spreche ich nicht. Die Männer sehen alle nicht schlecht aus. Aber Herr Hassrausch ist allererste Sahne. Schon als ich ihn das erste Mal sah, floss Flüssigkeit aus jeder Körperöffnung. Er ist nicht dick und seine Augen gleichen denen eines Eichhörnchens. Die Frage ist nur, wie wird so ein Traummann auf so ein Bleichgesicht mit hexenrotem Haar wie mich aufmerksam. Gott sei Dank habe ich auch nette Freundinnen getroffen.
Meine beste Freundin Gisela ist Mitarbeiterin unseres Wohnheims. Eigentlich mag ich Gisi sehr. … Da gibt es nur eine emotionale Barriere zwischen uns. Die Gute ist mir gegenüber mit ihrem Hammerkörper klar im Vorteil. Sie hat goldbraune Locken. Gisela ist auch keine Jungfrau mehr. Um diese Erfahrung beneide ich sie sehr. Ich werde wohl für immer eine bleiben.
Donnerstagabend 19 Uhr 45. Gisela und ich sitzen am Abendbrot-Tisch.
Herr Hassrausch ist wieder mal damit beschäftigt, einen jungen Mann die Essenreste aus dem Gesicht zu wischen. Wie immer beachtet Herr Hassrausch mich kein bisschen. Es ist so niederschmetternd. Lisa tippt mir auf die Schulter. „Dörte, ich würde ihn nicht so anstarren, am Ende fühlt er sich noch belästigt“, zischt sie mir zu. „Na toll, musst du mich immer dran erinnern, dass ich nichts drauf hab“. Ich werfe ihr einen giftigen Blick zu. „Das wollte ich damit nicht sagen“. Gisela lächelt versöhnlich. Mir stockt der Atem! Mein Traummann steuert geradewegs auf mich zu! „Ich vergas mich vorzustellen. Mein Name ist Alfons Hassrausch. Und Sie, haben Sie auch einen Namen?“ Hilfe, er lächelt mich an! Dörte, sag was! Kacke, in meiner Zunge ist ein Knoten! Zum Glück kommt Gisela mir zur Hilfe! „Herr Hassrauch, darf ich Ihnen meine beste Freundin Dörte Pech vorstellen?“ „Oh Frau Pech, so heißen Sie! Haben Sie dann auch nur Pech?!“ Den Witz hätte er sich sparen können. Ich finde seinen Humor direkt unerotisch. Das scheint Herr Hassrausch zu merken. Er grient.
„Uh, das war nicht sehr charmant. Ich bitte Sie um Verzeihung.“ „Angenommen“, lächele ich. Er streckt mir seine Hand entgegen. Da meine vor Schweiß trieft verzichte ich darauf, ihm die Hand zu schütteln. Eine Blamage am Tag reicht völlig aus denke ich mir. Anstatt mich solche Dinge zu fragen, wie „darf ich Sie heute ins Bett bringen? Es wäre mir ein Herzensbedürfnis, Ihre Füße zu wärmen.“, wendet er sich zum Gehen. Ich hätte heulen und im Erdboden versinken können.
Das ist typisch Mann!